S. Woelk Portrait · Foto:Axel Schöber
1961 in Dortmund geboren

Was ist real? Was begreifen wir als wirklich? Wie sehen wir unseren Alltag?
Nicht weniger existentielle Fragen tauchen auf bei der Betrachtung des Werkes der ausgebildeten Designerin und Künstlerin Susanne Woelk. In ihrer Malerei zeigt sie uns eine Erinnerung an Realität, an tatsächliche Dinge und Szenen des Alltags.

Jedes ihrer teils fotorealistischen, teils semi-abstrakten Bildern ist ein Bild von einem Bild von einem Bild: Ein spontan entstandenes Foto bildet die Grundlage jeder ihrer Arbeiten. Nichts Gestelltes, kein Konzept, keine Beschönigung, nur der Alltag, wie er in jedem Moment sein könnte.

Der Schritt über das Foto zum gemalten Bild ist unabdingbarer Teil des Gesamtprozesses. Das Foto alleine reicht nicht aus, es ist nur ein Abbild einer erlebten Realität. Es braucht den Distanz schaffenden Prozess des Malens, mit dem sich die fotografierte Szene zu einer subjektiven Wahrnehmung der Künstlerin verändert. Das Gegenständliche rückt dabei oftmals in den Hintergrund des Zusammentreffens von Oberflächen und Materialien.

Die sehr detailgenau gegenständliche und hohe maltechnische Fähigkeit vereint sich mit einer nach außen gerichteten Skepsis. Ist das, was wir auf den Bildern sehen, real? Sind die teilweise unscharfen Motive mit scheinbar gemalten Belichtungsfehlern eine Realität? Es ist vielleicht ein Moment des Sich-Wunderns, der sich in Susanne Woelks Motiven immer wieder zeigt: buntes Bonbonpapier, fotorealistisch aber mit Ausblendungen an den Rändern; Blumen, die sich von diffusen Hintergründen durch ihre Konkretheit abheben wollen und doch nur eine Fläche sind; Landschaften und Begegnungen, die sich durch Verwischungen und Verschwommenheit dem Betrachtenden nicht auf Anhieb erschließen.

Als Betrachter erahnen wir in den verwischten Darstellungen eine Szene, eine Handlung, aber eben doch nicht mehr. Wir können sie nur noch vage einer konkreten Begebenheit zuordnen. Die Betrachtung wird zu einem Fragezeichen, zu einer Sinn suchenden Blickodyssee aus der Ferne des mehrfach medial verfremdeten Bildes. Der Blick von außen bleibt an den ineinander übergehenden Formen, an den miteinander fließenden brillanten Farben, an den wertneutralen Oberflächen hängen. An dem, was nicht konkret erscheint.

In diesem Abstand zum eigentlichen Gegenstand entfaltet sich der innere Prozess des Betrachters, der Wunsch nach einer Auflösung der fast schemenhaften Szenen in den Schwarzweiß-Bildern mit Gerhard Richter zitierender horizontaler Wisch-Technik. Konkrete Szenen der Gesellschaft werden zu einem Schatten, zu etwas Unscharfem, Verschwommenem, ohne Zuordnung. Sie werden in dem Betrachter zu Erinnerung an die Realität. Genau in diesem Moment öffnet sich der Zugang zum inneren Dialog zwischen Kunst und Betrachte – das Objektive kann erneut subjektiv werden.

©hauptwort · Amelie Hauptstock